Abendstimmung. Ende Sommer. Ein Weiher
unter weißgrauen Wolken. Auf
der rechten Seite etwas Schilfrohr, Gras,
Gebüsch. Im Hintergrund, wie oft,
hohe Tannen, Buchen, einige Birken,
Haselsträucher im Übermaß,
ein Fruchtbaum, unter dem sich was bewegt:
Ein Stück Rehwild mit einer roten Decke
zieht eben zur Äsung aus, verhofft,
ist aber weder zu heimlich, noch vergrämt,
äst einzelne Blätter, Knospen und Kräuter.
Wahrscheinlich eine führende Ricke,
deren Kitze hinter einer Hecke
versteckt sind. Sie zieht weiter unentwegt
in Richtung Wasser. Ob sie sich frischen
wird? Gefällte Baumstämme verdecken
die Szene und geben sie nicht wieder her.
Mit ihren ruhigen, malerischen
Bewegungen hatte sie meine Blicke
gefesselt und irgendwie gezähmt.
Auf einmal fühl ich mich ganz leer
geworden. Sinnend und wie ein Zerstreuter
trete ich den Heimweg an. Langsam wirken
die Sommerfarben anders im Verlauf
der nächsten Stunden. Ein letzter Reiher
streicht ab. Das Dunkle platzt aus allen Ecken –
Was gleicht wohl auf Erden…
Bunte Sprüche, grüne Sprüche, schöne Verse.
Zeitgenössische Jagdlyrik
Anthologie, Melsungen, Oktober 2010
Immer warst du eine Instanz,
die letzte, wenn es manchmal galt,
meinen recht stürmischen Leicht-
sinn fest zu bremsen – Weißt
du noch, der Sessel im Büro?!
Du warst ein Lebensast hier im Wald,
an dem ich mich klammern konnte,
ein stiller Hafen, in dem ich sicher ruhte
und sogar einmal mein Retter,
als ich die Sterne in meiner Nacht
vermisste. So warst du mein A und mein O –
Du warst für alles Subtile
zu haben: Theater
um neue Horizonte,
Aufenthalte im Ausland, pracht-
volles Essen, alte Weine –
Mit deiner Fackel hast du meinen Weg
bereitet: Die Liebe zu Fats kam von dir
sowie
der Umgang mit der sanften Ironie,
die Distanz
zu mir
als Garantie gegen blankgeputzte Steine –
Es war ein Privileg
zu wissen, dass du bei jedem Wetter
hinter mir standst.
In dieser Minute
weiß ich genau, was dein Geist,
der ständig mit dem Sinn für skurrile
Pfeile getanzt
hat, erreicht –
Du warst ein guter Vater –
So ein Mensch… Die Auseinandersetzung mit Vorbildern Anthologie zum ‚Dritten Brüggener Literaturherbst‘ Vechta-Langförden, Oktober 2010
An seinen Studenten stellte er
hohe Ansprüche, er verlangte viel,
war hart und streng (bei ihm bin ich auch ein-
mal durchgefallen, weil ich mich schlecht
vorbereitet hatte), jedoch: Er blieb
die ganzen Jahre immer gerecht
und hatte einfach Sinn für Humor,
man konnte ihm nicht böse sein.
Uns machte er das Leben schwer,
doch wenn er uns in die Enge trieb,
war sein Gewinn, dass niemand verlor!
Ich seh es ein: Es war ein spitzes Ziel –
So ein Mensch… Die Auseinandersetzung mit Vorbildern Anthologie zum ‚Dritten Brüggener Literaturherbst‘ Vechta-Langförden, Oktober 2010