Ein eisiger Nordwind bewegt

Ein eisiger Nordwind bewegt
die Feldsträucher und die Äste.
Am Fuß der Tannen liegen hie
und da noch die schmutzigen Reste

größerer Verwehungen, wie
im Schwung verewigt, gefroren.
Auf einmal, vom Nichts freigegeben,
taucht ein Rotfuchs auf, durchquert

die graubraune Schneise, bevor
er von der gewohnten Dunkelheit
geschluckt wird. Die Schatten schweben
und spielen wie neugeboren

mit dem Augenblick, der hegt,
was die Stimmung erneut begehrt.
Die Bäume singen, morgen schneit
es wieder auf das trockene Moor –

 

Neudammerin
Die Jagd
Jahrbuch für Jagdkultur und Geschichte im ländlichen Raum
Nummer 01/2016 (Januar 2017)

Dem Augenblick auf der Spur

Dem Augenblick auf der Spur
Besuch bei Heinz Kathöfer

Mit meinem Freund, dem Dichter und Maler Hans Milles und seiner Frau, waren wir Anfang Juli 2015 bei Herrn und Frau Kathöfer zu Besuch. Die Stunden bei Kathöfers waren ganz besonders herzlich. Nachdem seine Frau uns mit gegrillten Wildschweinsteaks verwöhnt hatte, erzählte der Künstler vieles über die Wildtiermalerei im Allgemeinen und über seinen eigenen Malstil.

Am Eingang zu seinem Atelier, im ersten Stock eines alten Forsthauses am Waldrand in Sankt Andreasberg/Harz, steht eine große Staffelei, auf der ein noch unvollendetes Luchsbild zu erkennen ist. Der Kopf des Kuders ist fast fertig, der Körper nur angedeutet, aber das Tier ist schon lebendig und scheint, im Begriff zu sein, sich auf eine unsichtbare Beute zu stürzen. „Jeden Tag nehme ich ein Stück Kreide und füge hier ein paar Striche hinzu, oder verwische dort einiges mit dem Daumen.“

Heinz Kathöfer ist einer der seltenen Tier- und Jagdmaler, deren Thema das Tier in Bewegung ist. Mit wenigen Strichen gelingt es ihm, den Eindruck zu erwecken, dass das dargestellte Tier wirklich in Wald und Wiese unterwegs ist. Weit entfernt vom Naturalismus und vom plakativen Realismus hat sein Werk etwas Impressionistisches an sich, was seine Vorgehensweise unterstreicht, Augenblicke des Naturlebens festzuhalten.

Obwohl selber kein Jäger, sammelt er Eindrücke im Umgang mit Weidmännern, auf dem Hochsitz oder auf dem einsamen Pirschgang, die er dann zu Hause im Atelier zu Kunstwerken werden lässt. Sein Atelier ist voll von Zeichnungen, im Wohnzimmer und im Treppenhaus hängen überall Bilder, die er mit einem kritischen Blick kommentiert, „Dieser Luchs ist 20 Jahre alt, heute würde ich ihn aber anders machen“, oder über deren Entstehung er lustige Anekdoten weiß, „Das habe ich gemalt, als ich mal auf meine Frau draußen warten musste“.

Seine Motive findet er meistens in der Natur, am liebsten malt er in Öl und Pastell wilde Tiere in ihrer natürlichen Umgebung, oder er zeichnet mit der Sepia-Kreide, wie Tiere sich irgendwohin begeben, wobei er oft ganz auf den landschaftlichen Hintergrund verzichtet: trollendes Muffelwild, kletternde Gams im Gebirge, spielende Eichhörnchen, aufsteigende Enten.

Nach einer Lehre als Bautechniker studierte Heinz Kathöfer Grafik und Malerei an der Werkkunstschule Bielefeld, arbeitete einige Jahre als Grafiker und widmete sich ab 1983 ganz der Malerei. Kathöfer ist nicht nur ein begabter Jagdmaler, er kann auch naturgetreue Bilder von Hunden und Pferden zusammenstellen sowie wirkungsvolle Porträts von Menschen.

Der 13. Juli wird uns noch lange in Erinnerung bleiben, denn es war uns eine besondere Ehre, den außergewöhnlichen Künstler Kathöfer kennen zu lernen.

Am 4. August ist Heinz Kathöfer 81 Jahre alt geworden.

 

Impressionistische Züge

Für Heinz Kathöfer

Mit wenigen Strichen wird
ein Wesen nur angedeutet,
die Freiheit der Sinne läutet,
der Eindruck ist nicht verwirrt,

denn Farbenkleckse bedeuten
Bewegung im neuen Schnee,
Geschwindigkeit als Idee,
Gefühle, die uns erfreuten.

Lebendig wirkt jedes Tier,
besonders in den Sekunden
der Flucht. Auf der Leinwand hier
wird’s dann für immer empfunden:

der Augenblick für die Dauer,
das Glücksspiel des Augenblicks.
Das Auge, wie ein genauer
Geselle, sieht ohne Tricks –

 

Neudammerin
Die Jagd
Jahrbuch für Jagdkultur und Geschichte im ländlichen Raum
Nummer 01/2016 (Januar 2017)

Anfang November

Das leuchtende Falllaub tanzt,
der Boden bedeckt
sich jetzt im welken Licht
mit Farbenklecksen.

Wie ausgefranst
ist deren Aspekt,
verlieren sie ihr Gleichgewicht
zwischen Bäumen und Gewächsen.

Maronen gedeihen
mit Ritterlingen
(wahrscheinlich den letzten)
und warten in Reihen
auf die gewetzten
Messerklingen.

Ein Wespenbussard lahnt,
Rehe ziehen,
die Zeit vergeht, man ahnt
den Wechsel der Harmonien.

Wo’s gestern noch so sonnig warm
war, wie im letzten August,
wird’s gewiss in Bälde frieren,
die Stille wird sich verkleiden.

Noch hat ein Schwarm
von Staren Reiselust,
noch dominieren
die Kühe auf Weiden –

 

Die neue Neudammerin
Zeitschrift für Jagd & Natur, Melsungen, Nr. III/2014, Mai 2015

Frühsommereindrücke

Die langen Gerstengrannen
bewegen sich im Feld
wie Meereswellen bis zum Tannen-
wald, der Hafenstimmung erhält –

Vier gescheckte Kühe
liegen wiederkäuend im Nachbargras,
wo schon längst in der Frühe
sich die Zeit vergaß –

Ein Bussard kreist im Segelflug,
lässt öfters Katzenrufe ertönen,
stundenlang, als hätt er nie genug
und würde sich dran gewöhnen –

Die neue Neudammerin
Zeitschrift für Jagd & Natur, Melsungen, Nr. III/2014, Mai 2015

Begegnung

Als ich vor kurzem den Rotfuchs sah,
da hatte er mich längst wahrgenommen.
Ich wollte ja einfach weiter kommen
und plötzlich waren wir uns ganz nah,

doch nur für wenige Sekunden.
Ein Rüde? Oder eine Fähe?
Auf einmal krähte links eine Krähe.
Ich sah nach rechts: Der Fuchs war verschwunden –

Die neue Neudammerin ,
Zeitschrift für Jagd & Natur, Melsungen, Nr. III/2013, November 2013

Frühling auf der Alm

Das Weiße der Narzissen durchflutet
die Felder, an manchen Schattenecken
liegt ganz vergessen grau gewordener Schnee,
wo bescheidene, bleiche Krokusse sprießen –

Durch die völlige Stille ruft unvermutet
ein erster Kuckuck, versteckt in den Hecken,
nicht weit von dem im Sommer geheimen See,
in den gewöhnlich die Bergquellen fließen –

Die neue Neudammerin ,
Zeitschrift für Jagd & Natur, Melsungen, Nr. I/2013, Mai 2013