Auf dem Weg nach Hause

Ganz langsam fuhr ich dort am Forst entlang,
dann sah ich deutlich zwei Stück Rehwild links
vor mir so grau und braun wie der Wald,
zwischen matt und zausig wie’s Wintergras.

Die beiden sicherten, solang‘
das Auto vorwärts kam. Allerdings
wurden sie sofort kurz flüchtig, sobald
der Wagen hielt und ich kein Gas

mehr gab. So spielten wir gemeinsam
zwei-drei Mal und bis, vergrämt, die Rehe
den Weg nach rechts überquerten
und unter hohen Tannen verschwanden.

Dann war das Bild wieder einsam,
alles war wie vorher in der Nähe,
es blieben nur verblasste Fährten,
wo stolz die dunklen Baumkronen standen –

Wer den Jäger will verstehen
Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik, Ausgabe 2024 (August  2023)

Wenn Sauen und Rehe Schäden

anrichten, werden sie erlegt.
Warum ist das beim Wolf nicht der Fall?

Vorhanden sind rote Fäden,
auf den gleichen Wegen bewegt
sich bald der Wolf, bei uns überall.

Wie viele Lämmer müssen wohl,
und Kälber, noch gerissen werden,
bis man sich an die Jäger wendet?

Die grünen Stimmen klingen hohl,
weil sie jetzt das Ganze gefährden.
Oder sind wir vom Wind geblendet?

Wer den Jäger will verstehen
Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik, Ausgabe 2024 (August  2023)

Die Rückkehr

oder: Draußen vor dem Stall

Der Wolf kommt jetzt nach Hause
und das sei ihm gegönnt,
denn fertig ist die Pause,
wo er’s abstrakt nur könnt‘!

Nun wird er hier auch bleiben
in neuen Nachbar-Reih’n.
So müssen alle Scheiben
im Feld durchsichtig sein,

man sollte ihn nicht schützen,
nur nehmen, wie er ist.
Man sollte unterstützen,
dass er, wie ein Artist,

sich in der weiten Landschaft
mit uns bewegen kann.
Das wär für die Bekanntschaft
ein Vorteil irgendwann.

Es ist mit klaren Regeln
auch machbar dort und hier.
Die Winde sind zum Segeln
bereit. Das schaffen wir –

Wer den Jäger will verstehen
Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik, Ausgabe 2024 (August  2023)

Das Wichtigste ist das Erlebnis

An meiner Wand bedeutet die
Trophäe die Erinnerung
an eine ganz besondre Jagd.
Ein Bock zum Beispiel kam erst nie
in Frage, denn er war zu jung.
So wurde lange nichts gewagt.

Als ich ihn unterm Sonnenstich
erlegte, Jahre später, war
ich froh, dass er gelebt hat, um
sich fortzupflanzen und, dass ich
der Jäger war, der kommentar-
los zielte ohne Publikum.

Doch das Gehörn, das er dann trug,
er hatte schon zurückgesetzt,
hat viel mehr Wert als ein Geweih
der Klasse eins. Mit einem Krug
voll Wein gedenke ich noch jetzt
des Bocks. Die Jagd geht nie vorbei –

Wer den Jäger will verstehen
Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik, Ausgabe 2024 (August  2023)

Abend im April

Ein Rotfuchs hatte sich im Garten
am Fuß des Pfahles, wo im Lampenschein
ein Vogelhäuschen zu warten
schien, gelagert und fraß

in aller Ruhe die Körner, die,
herausgepickt von Meisen, hie
und da im Frühlingsgras
noch lagen, unmittelbar
vor den ersten bunten Tulpenreih’n.

Jedoch war ich zu müde,
um zu bestimmen, ob es ein Rüde
oder eine Fähe war –

Wer den Jäger will verstehen
Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik, Ausgabe 2024 (August  2023)

Aus dem Alltag eines grauen Watvogels

Und als der alte Reiher satt
von Mausgerichten wurde, flog,
das fand jetzt im Oktober statt,
er kurzerhand nach rechts und bog

zu einem Fluss hin voller Fische,
die er sich einzeln blitzschnell schnappte.
Er wies auf seine kämpferische
Natur hin, freute sich, wenn’s klappte.

Als er zurück in seinem Horst
war, träumte er von vielen nahen
Gefechten, die nicht weit vorm Forst
und auch auf hoher See geschahen.

Er wachte auf am nächsten Tag,
nicht weil das Bienvolk lauter surrte,
es weckte ihn mit einem Schlag
sein Magen, der schon wieder knurrte –

Wer den Jäger will verstehen
Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik, Ausgabe 2024 (August  2023)