28. Juni 2015

Links ein unreifes Gersten-
feld, ganz rechts der Waldesrand
im Abendsonnenschein
und dazwischen die ersten

Kirschen, die aufs gemähte Gras
einsam fallen. Ein Rotfuchs schleicht
am Fuß des Baumes hin und her
und frisst die Früchte ohne Maß
(dort gibt’s im Herbst auch leicht
Wiesen mit Kühen oder Pferden).

Auf einmal ist die Bühne wie leer.
Losungen mit Kirschkernen werden
morgen, wo der Fuchs verschwand,
für dessen Besuch die Zeugen sein –

Voll Leidenschaft und alle Tage neu
Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik im BJV, Ausgabe 2019 (Dezember 2018)

Vor Einbruch der Dunkelheit

Geregnet hat es den ganzen Tag.
Winde haben nachgelassen.
Dichtes dunkles Falllaub am Waldesrand
mit hellen gelben und grünen Flecken,

wo neulich noch eine Wiese lag.
Zwei Stück Rehwild tauchen im nassen
Bild wie erstarrt auf vor der Eichenwand
und den spärlich gewordenen Hecken.

Sie scheinen, links was wahrgenommen
zu haben hinter den hohen Ästen.
Immer schwerer wird’s, sie anzusprechen.
In einer guten Viertelstunde

wird wahrscheinlich auch alles verschwommen
sein, und wie bei müden Gästen,
wenn man die Gespräche unterbrechen
soll, gehn alle Lichter zugrunde –

Voll Leidenschaft und alle Tage neu
Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik im BJV, Ausgabe 2019 (Dezember 2018)

Naturgetreuer Neubeginn

In Deutschlands Osten leben jetzt
die letzten wilden Trappen.
Sie kämpfen um ihr Einstandsgebiet,
wo bunte Wiesen, mit Insekten für
die Küken, wachsen
und wo, wie hinter geschlossener Tür
entfernt von menschlichen Gaben,
sie den Schutz vor Räubern wie Dachsen
und Waschbären haben.

Seit Jahren vermehren sich
(nun auf mehr als hundert Stück geschätzt)
diese Tiere in Etappen,
was langsam geschieht,
aber sicher, hoffentlich –

Voll Leidenschaft und alle Tage neu
Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik im BJV, Ausgabe 2019 (Dezember 2018)

Dem Fischreiher

Bei uns sieht man die meisten
auf frisch gemähten Wiesen,
wo sie wie kleine Riesen
sich’s einfach gerne leisten,
mit Freude und Behagen
auf Schlange, Wurm und Maus zu jagen.

Doch heute sah ich einen
im Fluss, auf einem Ständer
so starr wie im Kalender.
Erst jetzt bin ich im Reinen
damit: An manchen Tagen
darf er auch seinen Namen tragen –

Voll Leidenschaft und alle Tage neu
Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik im BJV, Ausgabe 2019 (Dezember 2018)

Nur wer hegt

Nur wer hegt
und wer pflegt
bei Schnee und Regen,
darf sicher schießen
und genießen
beim Erlegen –

Der Wildhüter
Mitteilungsblatt für Naturschützer, Berufsjäger, Jagdaufseher, Jäger und Falkner
Jahrgang 2018, Nr. 4 (Dezember)