Schattierungen im Frühling

Ein unreifes Gerstenfeld sieht aus
wie Samt und mischt sich mit den grellen
Farben frühgemähter Wiesen und
dem Raps, der grüngelb kariert erscheint,
und Pusteblumen im Hintergrund,
deren Haarkranz weiß ist, als hätte
es diskret und nicht im Übermaß
geschneit. Ein Mischwald dort aus hellen
Eichenblättern und dunklen Tannen
steht auf linker Seite wie ein Haus
mit einer stolzen Silhouette.
Ein Stück Rehwild äst im hohen Gras,
wo Knospen und Blüten eng vereint
sind und wo Lüfte sich entspannen –

Wem das Waidwerk so viel schenkt…
Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik, Ausgabe 2021 (Dezember 2020)

Zeit der Abwanderung I

Der Jungfuchs kam erst jeden Abend
vorbei fast immer um die gleiche Zeit,
ob schnürend oder schneller trabend,
bei Vollmond oder in der Dunkelheit.
Dann kam er, wenn schon, später in der Nacht
kurz vor dem Morgenlicht, wie zwischen
den Ufern eines Sees mit dem Verdacht,
man könnt‘, trotz allem, ihn erwischen.
Ich sah ihn ab und zu noch bis August,
dann nicht mehr wieder. Höchstwahrscheinlich
bekam er eine freche Wanderlust,
als wär das Fuchsbauleben peinlich
für ihn geworden. Und im neuen
Gebiet, wo er alleine jetzt markiert,
lässt er sich dort durch nichts zerstreuen
und sichert, maust und keckert ungeniert –

Wem das Waidwerk so viel schenkt…
Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik, Ausgabe 2021 (Dezember 2020)

15. März 2020

Letzte Woche hatte es geschüttet.
Auf der Wiese hinter den Linden
ist ein mehrere Meter langer Teich
entstanden, wo zwei Stockenten liegen,
es hat das Paar noch nichts zerrüttet:
Der Erpel im Prachtkleid mit dunkelgrün
schillerndem Kopfe, während die Ente
gründelt, unscheinbar gefärbt im Vergleich
zum Entvogel. Morgen fliegen
sie weiter und müssen sich bemühn,
ein sicheres Wasser zu finden
für mehr als einige kurze Momente –

Wem das Waidwerk so viel schenkt…
Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik, Ausgabe 2021 (Dezember 2020)

Drei Hausmarder

Im Licht der Gartenlampe tanzen
sie wie ruckartig und springen, rennen
in alle Richtungen, zwei hinter
dem einen oder alle zusammen
von den bunten blühenden Pflanzen
zu den Holzscheitern für den Winter.
Ihr weißer Kehlfleck macht jetzt aus ihnen
im Dunkeln kleine dünne Männchen im Spiel
mit einem ganz unsichtbaren Ball.
Ein Wind erhebt sich. Mit einem Knall
fällt die Scheunentür, wie wir’s oft kennen,
ins Schloss. Die Tiere, denen es hier gefiel,
sind weg. Die Nacht hat die Lebensflammen
verdaut und will nur den Schatten dienen –

Wem das Waidwerk so viel schenkt…
Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik, Ausgabe 2021 (Dezember 2020)