Jagd auf den Marder

In wenigen kurzen Sprüngen war er
im Garten, wie einer, der alles bejaht,
auf einmal war er lange Zeit verschwunden,
dann wieder hier, mal auf rechter Seite,
mal ganz links, mal entfernt und mal sehr nah,
sein Weißkehlchen schien von überall her
zu kommen und gleichzeitig, nirgends zu sein.

Seit Tagen war’s das gleiche Spiel, nur ein-
mal blieb der Marder lange Sekunden
fast unbeweglich, doch in der Länge –
ich konnte nicht schießen trotz der Gier
meiner sehr empfindlichen Brille.

Doch plötzlich ist der Hausmarder da
und sichert erneut, in voller Breite.
Ein Schuss. Die Läufe schlegeln kurz, dann Stille.
Nun bleibe ich hin- und hergerissen
zwischen dem Kummer um das flinke Tier
und Stolz auf eine waidgerechte Tat,
ich spiele jetzt mit meinem Gewissen
gegen alle möglichen Klänge –

Wem sprudelt der Becher des Lebens so reich …
Lyrik  und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik im BJV, Ausgabe 2018(November 2017)

Sprung in der Abendsonne

Die Wiese sieht verwaschen aus,
das kurze Gras graubraun und matt,
der Sonnenschein hat kein Gewicht,
die warmen Schatten gibt’s noch nicht,
kein fettes Grün, kein Augenschmaus,
noch lange ist die Welt nicht satt.

Doch zwei Stück Rehwild deuten sich
am Waldesrand auf einmal an,
ein Schmalreh erst und eine Geiß,
genauso glanzlos blass im Kreis
wie die Umgebung eigentlich,
vom weichen Halm zum festen Tann.

Nun trollt ein Jährlingsbock den Hang
hinunter zu den andern zwei,
gemeinsam ziehn sie weiter ab-
wärts, sind zuweilen rege; knapp
vorm Bach, bei Sonnenuntergang,
verdeckt Gebüsch dann alle drei –

Wem sprudelt der Becher des Lebens so reich …
Lyrik  und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie)
Dichterkreis Jagdlyrik im BJV, Ausgabe 2018(November 2017)

26. April 2013

Von weitem waren’s zwei weiße Flecke
inmitten einer fettgrünen Wiese
mit einem hellgelben Rapsfeld gleich links
und dunkelbrauner gepflügter Erde
auf der andren rohen Schattenecke.

Näher betrachtet hatten sie eine
weiße Oberseite, schwarze Schwingen,
einen Schnabel, der lang und grellrot war,
und rote Ständer. Sie bewegten sich
ganz langsam ohne falsche Gebärde.

Die weißen Störche waren für meine
wunde Menschenseele wie Balsam. Klar
war die Botschaft, weit weg von der Krise:
Das Schöne ist griffbereit, immer rings-
umher, greif zu, sei unerschütterlich
und lass das Lied der Natur erklingen.

 

Tag und Nacht auf Jägers Pfaden, Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie), Dichterkreis Jagdlyrik im BJV, Ausgabe 2015 (Dezember 2014)

Hochsommer

Die letzten Weizenfelder bereiten
den Mähdreschern einen heißen Empfang.
Kein Lüftchen weht. Im Himmel
zieh‘n gefährliche Wolken vorbei.

Ein Rotfuchs schleicht aus dem breiten
Wald und schnürt die Maisreihen entlang
begleitet vom Glockengebimmel
der Kühe und von Schwalbengeschrei –

 

Tag und Nacht auf Jägers Pfaden, Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie), Dichterkreis Jagdlyrik im BJV, Ausgabe 2015 (Dezember 2014)

Der Weidmann erlegt das Wild

Der Weidmann erlegt das Wild,
damit es besser leben kann.
Nur wer den Gegensatz versteht,
weiß, was der Jäger wirklich wiegt.

Das Schießen ist doch nur ein Schild.
Das Beste geschieht im Bann
der Freiheit, wie ein Magnet,
der am Beginn des Weges liegt,

wo, versteckt, eine Elster schilt
und wo sich jeder Wind im Tann
als Sturmbö oder ganz diskret
an die Bäume des Lebens schmiegt –

 

Tag und Nacht auf Jägers Pfaden, Lyrik und Prosa zu Jagd und Natur (Anthologie), Dichterkreis Jagdlyrik im BJV, Ausgabe 2015 (Dezember 2014)